Wenn eine Gruppe von Menschen um ein Feuer sitzt, ist das meist eine besondere Stimmung. Oft blicken sie auch nur in das Feuer, schweigen gemeinsam.
Wenn sie sprechen, geschieht dies dann häufig in einer bedächtigen Art und Weise, der Blick ruht im Feuer. Man sitzt auch öfter nebeneinander am Feuer, wenn man gemeinsam sitzt, eher nicht gegenüber. Aber auch rauschende Feste werden oft mit einem Tanz ums Feuer begangen, das Feuer steigert die Extase noch, entzündet sie vielleicht sogar erst. Das ist deshalb so, weil das Feuer und der Mensch im Kosmos tief miteinander verbunden sind.

Die vier klassischen Elemente – Erde, Wasser, Luft, Feuer – sind alles andere als überholt, beschreiben sie doch viel mehr als nur die molekularen Eigenschaften und Zusammensetzung der Materie. Immer ist hier auch eine kosmische Dimension mitgedacht, immer zeigen sie einen Teilbereich der Natur samt seinen seelischen und geistigen Dimensionen auf.
Ist die Erde das Element des Mineralreiches, das Wasser das Element der Pflanzen und die Luft das Element der Tiere, so ist das Feuer das Element des Menschen. Bis zum – wenn auch einfachen – Denken schaffen es manche Tiere noch, der Wille jedoch, für den das Feuer steht, ist nur dem Menschen eigen.

Rot, die Farbe des Feuerelementes, ist die Farbe des Menschen. Von den drei mystischen Grundfarben blau, rot und gelb steht blau für die Materie und gelb für den Geist bzw. das Göttliche. Rot hat eine Stellung dazwischen und steht für den Menschen, der, in die Materie geworfen, wieder dorthin zurückstrebt, woher er gekommen ist: aus dem geistigen Reich, von der Gottheit, wenn man so will. Rot steht für das Streben des Menschen, seinen vorgegebenen Weg zu gehen, seine Lebensaufgabe zu erfüllen. Nur im Rahmen der Lebensaufgabe können wir jenes Feuer aufbringen, das es braucht, um im Leben wirksam zu sein, eine Spur zu hinterlassen. Daher ist es auch so wichtig, die Finger von Tätigkeiten (auch beruflichen) zu lassen, für die man nicht das Feuer aufbringen kann. Nur über den „Weg des Feuers“ gelangen wir zur eigenen Bestimmung, können ins Leben finden und zu Selbstverwirklichung und tief empfundenem Lebensglück gelangen.
Diese spezielle Beziehung zwischen Gottheit, Mensch und Feuer wird auch in den Mythen vieler Kulturen nachgezeichnet. In unserem Kulturkreis denkt man meist an den Prometheus-Mythos des antiken Griechenland: Prometheus, ein Titan und Halbbruder von Zeus, erschuf den Menschen. Da Zeus der Mensch zu mächtig war, wollte er ihn durch das Fordern von Opfern aushungern. Um die Menschen zu retten, begeht Prometheus den Frevel, dass er bei einem Tieropfer das Fleisch für die Menschen zur Seite legt und dem Gott nur die wertloseren Innereien opfert. Nicht genug dessen, er stiehlt auch noch das Feuer von Gott Hephaistos und bringt es den Menschen, damit diese das Fleisch garen und sich wärmen können. Die Strafe von Zeus
ist hart: Er wird an einen Felsen im Kaukasus geschmiedet, wo jeden Tag ein Adler von seiner Leber frisst. Diese wächst über Nacht nach und am nächsten Tag kehrt der Adler wieder. Die Geschichte endet jedoch gut, er wird schließlich begnadigt. Trotzdem haben die Menschen nun das Feuer und sind der Göttlichkeit deutlich näher gekommen.

Diese Geschichte illustriert sehr schön in dramatischer Weise, dass das Feuer für das Göttliche im Menschen steht. Das Feuer steht für jenen Teil in uns, der uns von den Tieren unterscheidet. Tiere haben Angst vor dem Feuer, können es nicht nutzen. Der Mensch hat es bald zu nutzen gewusst. Die Wissenschaft vermutet heute, dass das Feuer auch für die Entwicklung unserer Sprache verantwortlich ist. Die Menschen saßen um das Feuer um sich zu wärmen, zu kochen und zu essen. Sie haben so, sich einander anblickend, viel Zeit miteinander verbracht, und nach und nach haben sich einfachere Gesten und Laute dabei zu Sprache entwickelt. Auch hier sehen wir wieder, dass das Menschliche mit dem Feuer fest verbunden ist.
Auch die Astrologie, oder Astrosophie, wie ich sie einigen Autoren folgend lieber nenne, um sie von der heutigen kopflastigen, psychologisierenden westlichen Astrologie abzugrenzen, hat einen erhellenden Blick auf das Feuerelement. Im Tierkreis stellen die drei Feuerzeichen Widder, Löwe und Schütze den Willen in den Mittelpunkt. Denken wir uns die drei als rein hypothetische „reinrassige“ Idealmenschen, geht es dem Widdermenschen darum, seinen Willen anderen aufzuzwingen, stets der kardinalen Qualität entsprechend vorwärts zu dringen. Der Lö
wemensch ist mit seinem in sich ruhenden Willen der geborene unangreifbare Herrscher, der Schützemensch schließlich stellt sich unter den höheren, göttlichen Willen und trachtet danach, diesen zu verwirklichen, seinen höheren Idealen zu folgen. Allen gemeinsam ist die Hohe Stellung des Willens.

Der Wille ist dabei nicht zu verwechseln mit der seelischen Qualität des Wünschens, das wässriger Natur ist. Der Wille im Menschen soll den göttlichen Funken in jedem Menschen zum Leuchten bringen, das Individuum seinen Platz im Universum einnehmen und seinen Lebensaufgabe verwirklichen lassen, gewissermaßen das Himmelreich auf Erden erschaffen. Das Wünschen hingegen ist entweder triebhaft gesteuert oder nährt sich aus einem Mangel an (Selbst-)Liebe. Wünsche bringen nur solange Lust, bis sie erfüllt sind, danach treten andere Wünsche an ihre Stelle. Die gesamte westliche Konsumgesellschaft baut auf diesem Lustgewinn durch die (Nicht-)Erfüllung von Wünschen auf. Wahrhaft befriedigend für den einzelnen Menschen ist dies nicht. Das ist nur durch die Erfüllung der Lebensaufgabe nachhaltig erreichbar.
Der sogenannte „freie Wille“ steht damit nur scheinbar im Widerspruch zum Weltbild eines konzertierten und geregelten Auseinanderfaltens des Universums, der Prädestinationslehre.
Denn das Leben will immer die Schöpfung bzw. den individuellen Anteil daran realisiert sehen. Lebt der Mensch im Einklang mit dem großen Bauplan, ist er frei in seinem Wollen, weil er intuitiv das Richtige will und tut, um im Rahmen des großen Ganzen wirksam zu sein. Möchte er nur seinen eigenen Willen durchsetzen, wird er vom Leben mehr oder weniger sanft immer wieder auf den Weg zurückgesetzt werden, solange, bis er ihn lernt zu spüren und ihm zu folgen. Bis dahin erleiden Menschen Krankheiten oder materielle Verluste.

Auf dem Weg zu bleiben können wir vom Element Feuer lernen. Deshalb ist es so befriedigend, seine Augen am Feuer ruhen zu lassen. Seht daher zu, dass ihr von Feuer umgeben seid. Wer keinen Schwedenofen sein eigen nennt, kann sich zumindest eine Kerze auf den Tisch stellen oder sich in feurige Farben kleiden!