Mitte Jänner hab ich einmal das wunderschöne, sonnige Jännerwetter am Vormittag genutzt, um in den Wald zu gehen, auf der Suche nach Inspiration. Der Süden von Mödling bietet viele Möglichkeiten in den Wald zu kommen, allerdings wird die Gegend selbst am Vormittag unter der Woche auf den ausgetretenen Wegen von Spaziergängern genutzt, was für inspirative Alleingänge zwar nicht vollends hinderlich, jedoch auch nicht unbedingt förderlich ist. Daher habe ich mich am Weg zu dem Parkplatz, wo ich dieser Gegend immer mein Auto abstelle, während der Fahrt immer ein bisschen umgesehen, ob es da nicht auch andere schöne Waldstücke geben könnte.
Gesucht, gefunden, ich hab das Auto neben der Straße geparkt und bin am Rand eines schmalen Waldstreifens in Richtung eines größeren Waldstückes gegangen. Der Weg führte in den Wald hinein, und bald hat mich ein von Schwarzföhren bestandener Hügel dazu ermuntert, doch den Weg zu verlassen und in den „wilden Wald“ hinein zu gehen. Der Hügel bot oben eine Art Plateau, das auch nicht von Bäumen bestanden war, man fühlte sich wie auf einem Feldherrenhügel und bekam direkt Lust, hier ein Lager aufzuschlagen. Wollte ich jedoch nicht. Aber der Ausblick vom Hügel bot dann auch gleich noch weitere schöne Möglichkeiten an, abseits des Weges im Wald weiterzugehen. Der Winter hat den Vorteil, dass das Unterholz nicht so stark bewachsen und damit gut begehbar ist. Außerdem wärmt noch dazu an sonnigen Tagen die Sonne, weil sie durch die meist blattlosen Bäume den Wald ausleuchten kann. Man sieht auch weiter aus als im Sommer, und so fanden meine Augen immer wieder interessante Flecken im Wald, die es sich zu erkunden lohnen könnte.
Sprich: ich bin „querfeldein“ durch den Wald gewandert, immer der Nase nach. Wenn man einem Weg folgt, noch mehr, wenn man ihn schon kennt, ist man oft in Gedanken vertieft. Beim Querfeldeingehen ist das ganz anders, weil es nicht möglich ist. Man muss schauen, welche Richtung man einschlagen möchte, welcher Weg durch das Unterholz dorthin führt und wohin man die nächsten Schritte setzen möchte. Unbedachte Schritte bringen Äste zum Knacken und das kann einen um schöne Begegnungen mit Wildtieren bringen. Man ist im Hier und Jetzt, im Moment. Und damit machen wir – ohne es groß versucht zu haben – genau das, wozu uns alle spirituellen Meister raten: Wir leben im Moment. Denn hier eröffnen sich uns die magischen Seiten der Natur, hier spricht die Natur sogar zu uns, wenn wir ihre Sprache verstehen. Wer derartige Querfeldein-Wanderungen mit einer Frage beginnt und dann im Wald nach der Antwort sucht, wird eine bekommen. Es könnte nur sein, dass er sie nicht mitbekommt oder versteht.
Aber auch abseits dieser metaphyisischen Aspekte kann man querfeldein schöne Erlebnisse haben. Heute zum Beispiel bin ich beim Herumwundern abseits der Wege einer Gruppe von Rehen begegnet. Plötzlich sah ich sie – 5 Geißen – nicht weit von mir durch den Wald ziehen. Ich bin augenblicklich stehengeblieben und hab mich nicht mehr bewegt, weil ich sie beobachten wollte. Hätten sie mich wahrgenommen, wären sie sofort weg von mir gerannt. Rehe haben einen sehr gut entwickelten Geruchsinn und können ihre großen Ohren drehen, sodass sie rundherum Gerüche und Geräusche wahrnehmen können. So ist es recht schwer, sie aus kürzerer Distanz zu beobachten, wenn man nicht in einem Jägerstand oder sonstigen Versteck lauert.
Was mir heute zugute kam, war der starke Wind. Er ging in die optimale Richtung, nämlich von den Rehen zu mir, und machte so einen Lärm, dass die Tiere meine letzten Schritte nicht bemerkt hatten. Etwa 25 Meter vor mir machten es sich die Tiere auf einmal gemütlich. Sie blieben stehen, einige von ihnen putzten sich, andere suchten da und dort etwas zu fressen. Nur das Leittier stand in Windrichtung (wie schlau!) und passte auf, ob Gefahr aus jener Richtung drohte, in der sie am wenigsten wittern konnten. Es sah mich zwar, und die Geiß schien auch zu überlegen, was sie mit dem Anblick tun sollte – der Kopf bewegte sich speziell zu Beginn immer wieder auf und hin und her, den fragenden und forschenden Blick auf mich geheftet – aber da das Tier weder etwas hörte noch roch, entschied es sich schließlich offenbar, einfach wachsam zu bleiben.
Irgendwann hatte ich dann genug beobachtet und wollte mich leise von ihnen weg bewegen. Ich drehte meine Körper langsam in Richtung einer guten Ausweichroute. Als ich mich umwandte um zu sehen, ob ich leise genug war, habe ich die Gruppe dann nur mehr hüpfend von hinten gesehen. Sehr beeindruckend zu sehen, wie ein Tier die Gruppe bewacht, bei Gefahr Alarm schlägt und die ganze Gruppe dann zusammen in Windeseile die Flucht ergreift!
Warum ich das so ausgiebig erzähle? Ich möchte plastisch machen, welche Erlebnisse man in 45 Minuten Querfeldeingehen im Wald (ja, mehr war es nicht!) machen kann und euch ermuntern, das auch zu versuchen!
Wer es selbst versuchen möchte, kann natürlich einfach drauf los gehen. Trotzdem möchte ich euch ein paar Hinweise geben, um euch vielleicht ein paar unschöne Erfahrungen damit zu ersparen. Feste Schuhe würde ich auf jeden Fall empfehlen, je nach Witterung vielleicht auch welche, die schmutzig werden dürfen. Die Kleidung hängt von der Temperatur ab. Bedenkt, dass ihr nicht so schnell dahinschreiten werdet, wie auf einem Weg und an schönen Plätzen vielleicht auch ein bisschen verweilen wollt. Zieht euch also wärmer an, am Besten im Zwiebelsystem mit mehreren dünneren Schichten statt wenigen dicken (soweit möglich). Idealerweise ist die sichtbare Kleidung unauffällig in Naturfarben gefärbt, z.B. braun, grün oder grau in allen Schattierungen. So wird man weniger gut gesehen und erlebt mehr. Irgendetwas zum Draufsetzen schadet auch nicht, oft ist der Boden feucht oder eisig kalt.
Wer Probleme mit der Orientierung im Gelände hat, richtet sich an sonnigen Tagen am Besten nach der Sonne: sie steht zu Mittag im Süden, damit kann man mit Tageszeit und Sonnenstand ungefähr die Himmelsrichtungen bestimmen. Zumindest im Winter, wo sie gut durch die Baumkronen kommt. Bei Nacht hilft der Nordstern, für den es aber auch einen klaren Himmel und freie Sicht braucht. Ansonsten sind auch Karten-Apps am Handy verfügbar, die einem zeigen, wo man ist. Aber Achtung: wer immer mit dem Handy navigiert, hat bei leerem Akku keine guten Karten. Wer darauf nicht verzicht möchte, nimmt sich deshalb lieber eine Powerbank mit, wenn es sich um eine längere Erkundung handelt.
Ihr könnt eigentlich fast jeden beliebigen Wald für eure Erkundung nehmen, dessen Betreten erlaubt ist (in Österreich z.B. ist der Wald für Erholungszwecke grundsätzlich frei zugänglich). Ein abwechslungsreicher Mischwald mit Laub- und Nadelbäumen, eventuell sogar mit hügeligem Gelände, Felsen und Bächen ist natürlich besser geeigent als ein ebener Wirtschaftswald mit Fichtenmonokultur. Wer aber nichts anderes zur Verfügung hat, kann auch einen auf den ersten Blick langweiligen Wald nehmen. Da muss man halt dann mehr auf die Details achten – auch das kann sehr spannend sein!
Und dann kann es eigentlich schon losgehen. Entweder man startet auf einem Waldweg oder man sucht sich gleich ein Schlupfloch durch die Hecken am Waldrand. Dann geht man immer weiter, „der Nase nach“, also ganz nach Gefühl. Am besten, man geht so, dass man möglichst wenig Geräusche macht. Das soll einem aber nicht den Spaß verderben. Oder einfach dorthin, wo es schön oder interessant aussieht. Und wenn man gerade keinen Impuls hat, ist es schön, auch einfach stehen zu bleiben und zu verweilen. Wer sich genau umsieht, wird so viele schöne Details entdecken oder auch Tierbegegnungen haben.
Und vielleicht sehr ihr vertraute Dinge, fallen euch bei einem liegenden abgestorbenen Baum vielleicht eure verstorbenen Verwandten ein oder ihr könnt in einer Astgabel auf einemal eine Entscheidungshilfe sehen. Dann beginnt die Natur mit euch zu sprechen. Darüber möchte ich euch im nächsten Artikel erzählen. Vielleicht habt ihr jetzt Lust bekommen, das Querfeldeinwandern einmal auszuprobieren!
(Anmerkung: Ich weißt, die Fotos sind diesmal nicht so berauschend. Ich hatte nur das Handy dabei, und das hat andere Stärken. Mir war trotzdem die Authentizität der Fotos wichtig.)
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